Diesen tollen Bericht haben wir von Rot Weiß Oberhausen in Form Herrn Seiwert (RWO-Archiv) zur Verfügung gestellt bekommen. Vielen Dank !!!

Bericht vom 18.06.1950

„Den Rekord erlebte das ehrwürdige Rund zwischen Kanal und Emscher am 18.06.1950 beim Spiel um den Einzug ins Endspiel der Deutschen Meisterschaft zwischen Kickers Offenbach und Preußen Dellbrück. Die beiden Kontrahenten hatten sich eine Woche zuvor in Stuttgart 0:0 nach Verlängerung getrennt. Folglich musste ein weiteres Spiel die Entscheidung bringen. Zunächst war geplant, dieses Spiel im Stadion 'Rote Erde' in Dortmund auszutragen, doch da die damalige Besatzungsbehörde dieses Stadion an jenem Tag für sich beanspruchte, wurde das Spiel nach Oberhausen verlegt und bescherte auf diese Weise dem Niederrheinstadion seinen wohl nie zu brechenden Zuschauerrekord. Die Angaben der Zuschauerzahlen schwankten zwischen 44.000 und 48.000. Während von den Organisatoren 45.617 verkaufte Karten angegeben wurden, verzeichnet die Festschrift zur 50-Jahr-Feier des Stadions 44.631 Karten. Zeitungen sprachen gar von 48.000 Zuschauern. Dabei hatten sich die Oberhausener Verantwortlichen, die erst vier Tage vor dem Spiel von der Verlegung ins Niederrheinstadion erfahren hatten, sogar noch Sorgen gemacht, ob man in der Kürze der Zeit überhaupt noch alle Eintrittskarten an den Mann bringen würde. Wie unnötig dies war, stellte sich schnell heraus. Bereits am Tag des Drucks wurden fast alle Eintrittskarten verkauft. Innerhalb von zwanzig Stunden waren auch die telefonisch bestellbaren Karten vergriffen. Die Nachfrage war derart groß, dass die Organisatoren angaben, sie hätten mühelos 70.000 Karten verkaufen können. Nur 7.000 Karten gingen an die Oberhausener Bevölkerung, die sich geradezu um die Karten prügeln musste. Bereits um 13:30 Uhr, lediglich zwei Stunden nach Öffnung der Vorverkaufsstellen, war auch der letzte freie Platz an die Oberhausener Bürger vergeben. Den Druck der Spiel-Ankündigungsplakate, die erst einen Tag, nachdem die Eintrittskarten in den Verkauf gegangen waren, fertig gestellt und aufgehängt wurden, hätte man sich also getrost sparen können.

Einige Nachtschichten waren vonnöten, um alle übrigen organisatorischen Fragen rechtzeitig zu klären. Ein großes Problem war die Herstellung von Telefonverbindungen aus dem Stadion heraus, denn über 50 auswärtige Pressevertreter wurden erwartet, und das Stadion verfügte lediglich über eine einzige Telefonleitung. Man plante zunächst, in der Oberhausener Hauptpost besondere Leitungen für die Pressevertreter zu reservieren, die nach Spielende mit einem Sonderbus schnellstens dorthin transportiert werden sollten. Da sich allerdings auch noch der Nordwestdeutsche Rundfunk und der Sender Frankfurt für das Spiel angesagt hatten, wurden kurzfristig doch noch zehn weitere Telefonleitungen zum Stadion verlegt, die man allerdings nach dem Spiel wieder entfernte.

Ein weiteres Problem waren die Wahlen, die an eben diesem Sonntag stattfanden. Aber auch hier zeigten sich die Oberhausener Organisatoren erfinderisch. Für die auswärtigen Besucher wurde am Hauptbahnhof eigens ein 'fliegendes' Wahllokal eingerichtet, damit die mit zwei Sonderzügen aus Offenbach und zehn vollbesetzten Sonderzügen aus Köln anreisenden Zuschauer Gelegenheit hatten, mit ihrem Wahlschein ihr Wahlrecht auszuüben. Auch am Stadion wurde kurzfristig ein weiteres Wahllokal eingerichtet. Ein wohl einmaliger Fall in Deutschland.

Bereits um 09:00 Uhr kamen am Spieltag die ersten Zuschauer zum Stadion. Die anströmenden Menschenmassen warfen weitere Probleme auf. Ab Mittag fuhren drei Straßenbahnen pro Minute vom Bahnhof zum Stadion. Obwohl an diesem Sonntag auf allen anderen Linien der Verkehr eingeschränkt wurde, mussten dennoch in der Nachbarstadt Mülheim zwölf Straßenbahnen ausgeliehen werden, um den Besucherstrom auch nur halbwegs zu bewältigen. Der Autoverkehr in Oberhausen kam zwischenzeitlich beinahe zum Erliegen, denn Tausende von Privat-PKW und etwa 600 Busse rollten auf das Niederrheinstadion zu.

Auch die Polizei und die Ordnungskräfte hatten alle Hände voll zu tun, um der Menschenmassen Herr zu werden. Die Oberhausener Polizei wurde durch 100 Beamte aus dem Münsterland unterstützt. Sogar 150 städtische Angestellte waren zum Ordnungsdienst im Stadion eingeteilt worden, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Eigens für das Spiel wurden eine große Lautsprecheranlage und zusätzliche Toilettenanlagen eingebaut. Die Laufbahn im Innenraum des Stadions, das damals ein Fassungsvermögen von 41.000 Zuschauern besaß, wurde mit 3.800 zusätzlichen Sitzplätzen ausgestattet. Für Kriegsgeschädigte wurden ebenfalls zusätzliche Sondersitze installiert. Dutzende von Zuschauern, die keine Karte mehr ergattert konnten, hatten das Risiko auf sich genommen und waren auf nahegelegene Hochspannungsmasten geklettert, um das Spiel aus großer Höhe zu verfolgen. 50 Fußballbegeisterte machten es sich auf dem Uhrenturm 'gemütlich'. Enttäuscht wurden ca. 600 Besucher, die in Hamborn in gutem Glauben Eintrittskarten für das Spiel erworben hatten. An den Absperrungen an der Mülheimer und Buschhausener Straße, wo sie die Karten vorzeigen mussten, war für sie Endstation, da sich die Karten als gefälscht erwiesen. Im Gegensatz zu diesen Pechvögeln hatten Prominente wie Sepp Herberger, der Kölner Oberbürgermeister und der Kölner Regierungspräsident keine Probleme, ins prallgefüllte, fahnengeschmückte Stadion zu gelangen.

Bereits nach zwanzig Sekunden wurde das erste Tor bejubelt. Fritz Herkenrath, der Preußen-Torwart, der in den 50er Jahren in 21 Länderspielen mitwirkte, war beim Schuss des Offenbachers Gerhard Kaufhold völlig machtlos. Obwohl Dellbrück in der Folgezeit Feldüberlegen war, gelang es ihnen nicht, ihre Chancen zu verwerten. Statt dessen erhöhten die Kickers nach der Pause durch Baas (74.) und Weber (76.) auf 3:0. Dies war gleichzeitig der Endstand in einem Spiel, das aufgrund der Zuschauerzahl das absolute Highlight in der Geschichte des Niederrheinstadions darstellt.“